Wenn Eltern einer Meinung sind
Hans Mechler ist Schulrektor und ist tagtäglich mit dem Nachwuchs anderer Leute konfrontiert. „Die meisten Kinder wachsen heute einfach irgendwie auf,“ so seine Beobachtung. „Aber es gibt auch einige, bei denen man spürt, dass sie das Ergebnis einer konsequenten Erziehung sind. Und wenn ich dann die Eltern kennenlerne, wird auch sehr schnell deutlich, welche Vorstellungen dahinter stecken. Es sind ehrgeizige Eltern, die geradezu darauf versessen sind, dass aus dem Sohn oder der Tochter später mal etwas wird. Eltern aus Familien, in denen jeder einen akademischen Titel trägt und die alles tun, um diese Tradition aufrecht zu halten.“
Als ich mit Mechler sprach, war ich Elternbeiratsvorsitzender an der Grundschule, in die meine Kinder gingen. Väter habe ich beim Elternabend kaum welche gesehen. Aufgefallen sind mir allerdings die Frauen, die mir als „Profi-Mütter“ im Gedächtnis geblieben sind. Sie waren meist nicht berufstätig und sahen die Erziehung des einzigen Sohns als Lebensaufgabe an. Oder Sie waren die Wortführer des Abends und wussten ganz genau, wie man mit einer Tochter umzugehen hat, die plötzlich meinte, kein Kind mehr zu sein.
Später, im Gymnasium, wandelte sich das Bild. Jetzt tauchten plötzlich die Väter auf und machten sich wichtig. Und die hatten bereits genaue Vorstellungen, was aus dem Teenager später werden soll. Die Fachhochschule war das Mindeste und die Noten konnten gar nicht gut genug sein. Eine Zwei war gerade mal OK. Eine Drei war schon eine Katastrophe und löste hektische Gegenmaßnahmen aus. Und die konnten von Hausarrest über Nachhilfe bis zu einer Tracht Prügel reichen.
Manche dieser Teenies waren mir durchaus bekannt. Der eine oder andere zählte zum Freundeskreis meines Sohnes und über die anderen wurde zumindest erzählt. „Bei denen zu Hause geht es ziemlich streng zu,“ meinte meine Tochter und sprach über ihre Freundin, die es wohl besonders schwer hatte und vieles nicht durfte, was für die anderen in ihrem Alter völlig normal war. „Ihr Vater ist ziemlich autoritär und ihre Mutter ist eine, die keinen Widerspruch duldet,“ lauteten die Beschreibungen.
Die Eltern legten großen Wert darauf, die Eltern der Freundinnen zu kennen, mit denen ihre Tochter Umgang pflegte. Also wurden wir eines Abends eingeladen. „Damit man sich mal kennenlernt“, waren die Worte des Vaters und ich hatte durchs Telefon das Gefühl, dass er mir auf die Schulter klopfte. Es war Sommer und es sollte eine lockere Grillparty sein.
Das Gespräch drehte sich – natürlich – um die Kinder und vor allem um deren Erziehung. Es gab zwei Mädchen in der Familie. Die eine war so alt wie meine Tochter, also etwas sechzehn. Ein auffallend hübsches Ding mit langen, blonden Haaren und offensichtlich sehr auf ihr Äußeres bedacht. Die jüngere Schwester mochte zwölf sein und wirkte noch recht kindlich, obwohl man bei näherem Hinsehen bereits die ersten fraulichen Merkmale erkennen konnte.
Auffallend war, dass beide Mädchen sehr höfliche Umgangsformen gegenüber ihren Eltern pflegten. Sie standen nicht einfach auf und rannten davon, wie man es sonst erlebt, sondern fragten erst artig, ob sie den Tisch verlassen dürften. Danach waren sie nicht mehr zu sehen und waren wohl irgendwo im Inneren des Hauses mit sich selbst beschäftigt. Nur die Jüngste tauchte gelegentlich mit ihrem Hund auf, einem kleinen Westie, mit dem sie im Garten herumtollte, bis irgendwann eine Freundin auftauchte, mit der sie offensichtlich verabredet war. „Du weißt, Melanie, um acht bist du wider zu Hause,“ rief ihr ihre Mutter noch nach, bevor sie auf und davon war.
Ich verstand mich recht gut mit dem Hausherrn. Er war Architekt und schien hier in der Gegend bestens bekannt zu sein. Sie war Tierärztin und hatte eine eigene Praxis, die im Untergeschoss des recht großräumigen Hauses untergebracht war. Nein, von antiautoritärer Erziehung hielt er nichts, betonte er mehrmals und ließ mich nicht im Unklaren darüber, was er statt dessen unter Erziehung verstand. „Kinder brauchen strenge Regeln und feste Grenzen,“ war seine Überzeugung. „Unsere beiden haben schon von klein auf gelernt, dass sie entweder gehorchen oder bestraft werden.“
Ich pflichtete ihm bei Nicht nur, weil ich seine Ansichten durchaus teilte. Sondern auch, um das Gespräch aufrecht zu erhalten. Denn der Mann schien es ernst zu meinen und festgefügte Vorstellungen zu haben. „Es ist ein weit verbreiteter Trugschluss, dass man mit Mädchen zurückhaltender umgehen muss. Ich bin der Meinung, genau das Gegenteil ist der Fall. Hält man sie nicht an der kurzen Leine, kommt bald der Punkt, an dem man sie nicht mehr bändigen kann. Deshalb heißt es, jedes Aufbegehren schon im Keim zu ersticken.“
„Bei Melanie kümmert sich ja meine Frau noch um die Erziehung,“ klärte er mich auf. „Aber seit Anja im Gymnasium ist, habe ich die Zügel in die Hand genommen.“
Wie Melanies Erziehung aussah, erfuhr ich später von meiner Frau. Die beiden Frauen hatten sich nämlich irgendwann in die Küche zurückgezogen, um über das zu reden, worüber Frauen eben lieber reden, wenn kein Mann in der Nähe ist. Es gab offenbar einen beeindruckenden hölzernen Kochlöffel in einer Küchenschublade und der war eigentlich ausschließlich für die Kehrseite der Jüngsten gedacht.
„Ich bestehe darauf, dass sie ihre Jeans auszieht und auch das Höschen ablegt“, hatte die strenge Mutter meiner Frau erzählt: „Ein Mädchen hat einfach nackt zu sein, wenn es bestraft wird. Ich halte sie einfach am Oberarm fest und hau ihr auf den nackten Po. Wenn sie sich zu sehr wehrt, treffe ich eben auch mal ihre Oberschenkel, aber das ist ihr Pech. Sie schreit zwar erbärmlich dabei, aber Schläge muss man spüren und ich höre erst auf, wenn sie nur noch winselt und mir alles verspricht was ich hören will. Neulich war sie gerade unter der Dusche, als ich entdeckt hab, dass sie ihr Zimmer immer noch nicht nicht aufgeräumt hat, obwohl ich sie schon hundert Mal ermahnt habe. Da habe ich einfach einen Gürtel genommen und ihr ein paar Striemen verpasst, die noch Tage später zu sehen waren.“
„Ich bin recht froh, dass wir nur Mädchen haben,“ vertraute mir mein Gesprächspartner an, als wir irgendwann kurz vor Mitternacht noch immer im Garten saßen und bereits die dritte Flasche Wein geleert hatten. „So ein junges Ding zu vermöbeln, das eigentlich schon eine Frau ist, hat einfach seinen ganz eigenen Reiz. Mein Vater hat seinerzeit keinen Unterschied zwischen mir und meiner jüngeren Schwester gemacht. Wenn es hieß, geh auf dein Zimmer, dann wussten wir, dass er kurz darauf mit seinem Lederriemen in der Hand unter der Tür stehen würde. Ich habe keine Ahnung, wo er das Ding her hatte, aber er war gut drei Finger breit und hat mächtig durchgezogen. Und er hat darauf bestanden, dass wir unten herum nackt sind, bevor er loslegt.“
Jetzt wusste ich, warum Melanie immer so nervös gewesen war, wenn sie und meine Tochter mal wieder die Zeit vergessen hatten und es schon nach zehn war, obwohl sie eigentlich punkt zehn zu Hause erwartet wurde. Ich habe sie dann immer selbst bis vor die Tür gefahren und mir irgendeine Ausrede einfallen lassen, damit sie nicht in Schwierigkeiten kam. Sie schien mächtigen Respekt vor ihrem Vater zu haben und jetzt wusste ich, weshalb.
„Mein Vater ist bereits gestorben. Aber den alten Lederriemen gibt es noch. Er ist ja auch von uns Kindern immer schön gepflegt und eingefettet worden. Ich verwende ihn heute für Melanie und sie gibt genauso schrille Schreie von sich, wie seinerzeit meine Schwester. So ein Lederriemen ist einfach ideal für ein Mädchen, das am nächsten Tag zur Schule muss. Er brennt wie Feuer, ohne bleibende Spuren zu hinterlassen. Nur wenn sie Sport hat, schreibe ich ihr eine Entschuldigung. Du weißt ja, heute ist sofort von Missbrauch die Rede, wenn man seine Kinder richtig erzieht.“
Ich hatte es hier also mit einem Hausherrn im wahrsten Sinne des Wortes zu tun. Dieser Mann meinte es ernst, wenn es um die Erziehung seiner Töchter ging. Und er war fest davon überzeugt, dass seine Melanie einen Studienabschluss hinlegen würde, auf den die ganze Familie stolz sein konnte. „Für eine Eins gibt es eine Belohnung und sie kann sich etwas Hübsches kaufen. Die jungen Dinger brauchen ja ständig neue Klamotten. Bei einer Zwei heißt es Hausarrest bis zur nächsten Klassenarbeit. Bei einer Drei kann sie gleich auf ihr Zimmer gehen und sich ausziehen. Eine Vier hatte sie noch nie und wenn, dann würde ich sie so zurichten, dass sie eine ganze Woche lang nicht zur Schule gehen könnte.“
Ja, auch seine Frau war nicht viel besser dran. Sie war auffallend hübsch und wie es schien gut zehn Jahre jünger als er. „Mädchen und Frauen, wo ist da der Unterschied?“ war seine Meinung und er erzählte mir, dass auch sein geliebtes Weib damit rechnen musste, Vaters Lederriemen zu spüren. Das kam zwar selten vor und er richtete es immer so ein, dass in der Nacht die Kinder nicht im Haus waren. „Aber du glaubst gar nicht, wie heiß eine Frau auf deinen Schwanz ist, wenn du vorher ihren Hintern zum Glühen gebracht hast.“