Die Haushaltshilfe kam aus Rumänien
Wo sich Menschen ausbeuten lassen, wird dies auch geschehen. Wenn der Mindestlohn in einem Land anderswo schon ein kleines Vermögen ist, wird es auch Menschen geben, die für noch weniger arbeiten. Und wo man Menschen für billiges Geld haben kann, wird es auch einen Markt dafür geben. Denn Angebot und Nachfrage bestimmen die Wirtschaft, das Leben, das Denken. Und Schnäppchenjäger fragen nicht nach dem Warum. Ganz gleich, ob es um das T-Shirt aus Bangladesh geht oder die neue Haushaltshilfe aus Rumänien.
Millionen von Ausländern leben in Saudi-Arabien, las ich kürzlich in einem Artikel über den saudischen Kronprinzen. Gut ein Viertel davon sind Hausangestellte, die in gut situierten Haushalten die Arbeiten erledigen, für die in einer Beduinen-Gesellschaft eigentlich die Sklaven zuständig sind. Heute sind es junge Mädchen aus Indien und Afrika. Allein 10.000 junge Frauen aus Somalia sollen dafür rekrutiert worden sein, kann man bei netzfrauen.org nachlesen. Frauen, für die es im Land des Ölreichtums keine Rechte gibt. Wohl aber drakonische Strafen.
Doch so weit muss man gar nicht gehen. Auch mitten in Europa ist die Haushaltshilfe aus dem Balkan keine Ausnahme. Das Teuerste an ihr ist die Vermittlungsprovision, die bei Anlieferung fällig ist. Ansonsten ist sie mit einem Taschengeld zufrieden. Sie muckt nicht auf, ganz gleich was man von ihnen verlangt. Sie sind mit einer winzigen Kammer zufrieden, um ein paar Stunden schlafen zu können. Sie reden nicht über Arbeitszeiten, verlangen keine Lohnerhöhung und stellen keinen Urlaubsanspruch. Sie sind da, wenn man sie braucht. Und wofür man sie braucht.
„Ich habe noch nie erlebt, dass sich eine weigert,“ meinte ein Unternehmer, der nach der Trennung von seiner Frau eine junge Rumänin ins Haus geholt hatte. „In meinem Alter ist das doch eine ideale Möglichkeit, noch einmal so ein richtig junges Ding ins Bett zu bekommen. Noch dazu eine, die sich anschließend um all die lästigen Hausarbeiten kümmert.“ Ob sie das ganz freiwillig tut? „Wichtig ist nur, ob sie willig ist. Und wenn es daran mangelt, gibt es ja noch die altbewährten Mittel.“
Welche das sind, wird schnell deutlich, wenn man sich die Website einer einschlägigen Vermittlungsagentur ansieht. Da gibt es ein eindrucksvolles Video, das die besonderen Vorzüge rumänischer Haushaltshilfen auslobt. Zu sehen ist ein auffallend junges Ding, das gerade dabei ist, seiner Herrschaft den Kaffee zu servieren. Ihre Bluse ist weiß und gut gefüllt. Die Schürze sitzt akkurat. Der schwarze Rock ist gerade mal lang genug, um das Nötigste zu bedecken. Der Sprecher erklärt, dass Fleiß und Gehorsam in Rumänien noch immer einen hohen Stellenwert hätten. Genauso wie eine traditionelle Erziehung. Untermauert wird das mit einer häuslichen Szene, die wohl typisch für das Land sein soll. Zu sehen ist ein Vater, der gerade nach einem Stock greift. Und seine Tochter, sich jammernd und flehend ihrem Schicksal ergibt und über den Küchentisch beugt. Das Höschen hängt bereits an den Kniekehlen und es ist klar, was als Nächstes passieren wird.
„Eine richtige Tracht Prügel und sie weiß, was auf Ungehorsam steht,“ so der Unternehmer der offensichtlich dem verlockenden Angebot nicht widerstehen konnte. Und wenn sie trotzdem nicht pariert, kann man sie jederzeit gegen eine andere austauschen.
Das mag im 21. Jahrhundert schockierend klingen. Aber im 19. Jahrhundert war das auch in Deutschland noch die allgemein gebräuchliche Vorgehensweise. Damals konnten sich Unternehmer-Familien noch richtig viele Angestellten leisten. Die meisten von ihnen waren junge Mädchen aus ärmlichen Verhältnissen, mit denen so streng umgegangen wurde, wie man eben damals mit jungen Mädchen umging. Meist wurden sie von einer erfahrenen Haushälterin befehligt und die hatte durchaus das Recht, sie zu züchtigen, wenn die Herrschaft unzufrieden war. Oder wenn die Hübscheste von ihnen sich geweigert hatte, dem Hausherrn zu Diensten zu sein.
Was man sich erlauben kann, war eben schon immer davon abhängig, wer man ist.