Zurück zur Macht des Stärkeren

Helmut Schmidt war 91, als er der NZZ ein Interview gab, in dem er unter anderem das Problem der Überbevölkerung ansprach und vor der Gefahr warnte, die von den Ländern ausging, in denen die Frauen nach wie vor ein Kind nach dem anderen produzierten und dabei keinen Gedanken an deren Zukunftschancen verschwendeten. Gesellschaften, in denen Söhne verhätschelt und Töchter mit unnachsichtiger Strenge großgezogen wurden. Primitive Kulturen, die über die Jahrtausende hinweg nur wenig Fortschritte gemacht hatten.

Schon damals sah Schmidt den gewaltigen Migrationsprozess voraus, den die Geburtenexplosion in Afrika und Asien und die schrumpfende Bevölkerung in Europa auslösen würde. Und er warnte dringend davor, große Heerscharen von Analphabeten ins Land zu holen, die von einer kultivierten Lebensweise weit entfernt waren, keinerlei Bewusstsein für Bildung und Wissen besaßen und keinerlei Voraussetzungen mitbrachten, um sich in eine hochmoderne Gesellschaft integrieren zu können.

Man kann es zwar schönreden und tausend Begründungen herbeidichten. Aber es hat bestimmt seine ganz konkreten Gründe, weshalb in weiten Teilen der Welt Hochkulturen unterschiedlicher Ausprägung entstanden sind, während es nach wie vor Regionen gibt, in denen auch heute noch dasselbe primitive Denken vorherrscht, wie schon vor tausend Jahren, während eine Zivilisation bestenfalls in Ansätzen erkennbar ist.

Wenn beide Welten aufeinander prallen, kann das nur zur Explosion von Gewalt führen. Wer einen zivilen Umgang mit seinen Mitmenschen nie gelernt hat, wird eben nach dem primitiven Recht des Stärkeren handeln und Auseinandersetzungen mit dem Messer in der Hand führen, wie das in seiner Heimat eben üblich ist. Und wer in einer Gesellschaft aufgewachsen ist, in dem es nie eine geistige Aufklärung gegeben hat, wird sich eben an uralten religiösen Riten festhalten, und das wortwörtlich nehmen, was irgend ein Prophet oder ein angeblicher Sohn Gottes vor zweitausend Jahren für richtig hielt.

Zur Zeit dieses Propheten war nicht nur Sklavenhandel gang und gäbe. Es bestand auch eine ungezügelte Männerherrschaft, in der Frauen grundsätzlich als Besitz angesehen wurden und das Ansehen eines Mannes an der Größe seiner Herden und der Anzahl seiner Sklaven und Ehefrauen gemessen wurde. Damals hielt der Hirte seine Herde mit dem Stock zusammen und der Hausherr griff kurzerhand zur Peitsche, wenn eine Ehefrau oder gar eine Sklavin aus der Reihe zu tanzen drohte.

Wobei die Frauen nicht nur die Leidtragenden waren, sondern mit erstaunlichem Eifer auch selbst dazu betrugen, die bestehenden Herrschaftsverhältnisse aufrecht zu erhalten. Söhne galten als kleine Prinzen und wurden von ihren Müttern entsprechend vergöttert. Töchter hingegen waren zum Dienen bestimmt und wurden schon von klein auf mit unerbittlicher Strenge erzogen und zur Mitarbeit im Haushalt angehalten. Ihre Kindheit dauerte bestenfalls zwölf Jahre, denn schon mit ihrer ersten Menstruation galten sie als heiratsfähig. Das war dann der Zeitpunkt, an dem ihr Vater einen genaueren Blick auf sie warf und über den erzielbaren Brautpreis nachdachte. Denn der war eine Frage von Angebot und Nachfrage und stand im direkten Verhältnis zur vorhandenen Schönheit des Mädchens.

Ein schönes Weib zog auch damals schon männliche Blicke auf sich. Doch im Gegensatz zur westlichen Welt von heute, in der ein junger Mann umständlich um ihre Zuneigung werben und ihre Zustimmung erbetteln muss, um Hand an sie legen zu können, ging es seinerzeit vor allem darum, sie zu besitzen, um jederzeit ihren Anblick genießen und ihren Körper benutzen zu können. Und Besitz irgend eines Mannes war ein Weib in jeder Phase seines Lebens. War sie noch Jungfrau, galt ihr Vater als ihr Eigentümer und wer lüsterne Begierden für ein junges Mädchen empfand, musste sich schlicht und einfach mit ihm über die Modalitäten eines Besitzerwechsels einigen.

War man sich handelseinig geworden, wurde die Braut festlich herausgeputzt, der Bräutigam war stolz auf seinen neuen Besitz und alle feierten ein großes Fest. Ein Brauch, der sich nicht wesentlich verändert hat und den man noch heute unter dem Begriff Hochzeit kennt.

Aber, wie gesagt, ein Großteil der Welt hat im laufe der Jahrtausende eine Transformation erlebt, die viele eins recht barbarischen Bräuche in zivile Prozesse verwandelt hat. Die akzeptierten Umgangsformen unter den Menschen wurden einem gesellschaftlichen Kodex unterworfen. Allgemeingültige Gesetze ersetzten die primitive Macht des Stärkeren. Frauen haben zwar längst noch nicht überall auf der Welt dieselben Freiheiten wie Männer, aber als Eigentum werden sie eigentlich nirgends mehr betrachtet und einfach auspeitschen kann man sie auch nicht mehr, wenn sie sich ihrem Mann widersetzt haben.

Das alles hat natürlich den Abstand zu jenen Ländern vergrößert, in denen sich über Jahrtausende hinweg nicht wirklich etwas verändert hat. Denn während den Sohn Gottes heute eigentlich niemand mehr wörtlich nimmt, hat der große Prophet auch heute noch Nachfolger, für die Bildung lediglich heißt, seine Worte auswendig hersagen zu können und sich Rechtsgelehrte darauf beschränken, seine barbarischen Gesetze neu auszulegen.

Der Clash der Kulturen ist damit vorgezeichnet. Und er ist bereits heute überall zu spüren. Auf den Straßen treiben sich junge Männer herum, die den Anblick eines Mädchens mit sichtbaren Beinen als Legitimation sehen, sie sich hinter dem nächsten Gebüsch zu nehmen. In den Gerichtssälen hören bärtige Beziehungstäter fassungslos ihr Urteil, denn schließlich hatte die Freundin den Tod verdient, nachdem sie ihm untreu geworden war. Und so mancher Türke versteht nicht, was falsch daran sein soll, seine Tochter rechtzeitig innerhalb des Familienclans zu verheiraten, bevor sie sich mit einem Ungläubigen einlässt und Schande über die Familie bringt.

Dazu kommen mittlerweile ganze Stadtviertel, in denen Immigranten unter sich bleiben und auch in der Fremde nach den Regeln leben, die sie von der fernen Heimat her kennen. Und da bestimmt eben immer noch der Vater, wen die Tochter zu heiraten hat und der Bräutigam verpasst seiner künftigen Frau auch schon mal eine kräftige Ohrfeige, wenn sie am Hochzeitstag nicht die glückliche Braut mimt.

Über diesen Vorfall existiert ein Handy-Video, das eine klatschende und fröhlich singende Verwandtschaft zeigt, die um das Brautpaar herumtanzt und anscheinend nicht das geringste Problem damit hat, als der in feinsten Zwirn gekleidete Bräutigam den weißen Schleier seiner offensichtlich blutjungen Braut lüftet, um ihr links und rechts eine zu kleben.

Wie es der Brauch war verschwand er Stunden später mit ihr im Haus. Dort war erst einmal ihr lautes Kreischen zu hören, bevor Stille einkehrte und er schließlich mit dem blutbefleckten Betttuch  in der Tür erschien und der johlenden Menge den Beweis erbrachte, dass er soeben Besitz von seiner künftigen Ehefrau ergriffen hatte. 

Sie war übrigens sechzehn und er gut doppelt so alt. Am nächsten Morgen kreuzte sie mit verheultem Gesicht bei ihrer Mutter auf, um ihr die Striemen zu zeigen die der Ledergürtel ihres Mannes auf Po und Schenkeln zurückgelassen hatten. Doch das erwartete Mitleid blieb aus. Stattdessen bezog sie von ihrer Mutter gleich noch ein Dutzend Schläge mit der flachen Hand und wurde als undankbare Tochter beschimpft, die keine Wertschätzung dafür hatte, die Frau eines Mannes zu sein, der ganz bestimmt für sie sorgen würde. Der Mann sei schließlich reich und sie würde ein sorgenfreies Leben an seiner Seite haben.

Das unerfahrene Mädchen hatte zwar Angst davor gehabt, mit diesem Mann verheiratet zu werden, den sie noch nie zuvor gesehen, geschweige denn kennengelernt hatte. Doch sie war das Produkt ihrer Erziehung und redete sich schon wenige Tage später ein, dass er wohl aus gutem Grund erzürnt über sie gewesen sei. Schließlich hatte sie ihm nicht den Gehorsam gezeigt, die eine Frau ihrem Mann schuldete und es war sein gutes Recht gewesen, sie dafür zu bestrafen. Sie nahm sich also vor, sich mit denjenigen unter ihren Freundinnen auszutauschen, die bereits verheiratet waren, um von ihnen zu erfahren was eine Frau tun musste, um ihren Mann glücklich zu machen anstatt von ihm gezüchtigt zu werden.

„Ich würde euch nicht empfehlen, die Einwanderung aus primitiven Entwicklungsländern zu forcieren“, lauteten die letzten Worte von Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt am Ende seines Interviews. Das war 2009 und mittlerweile weiß wohl jeder, das es die weisen Worte eines weitsichtigen Manns waren.