Schläge sind nicht gleich Schläge
Es war kurz nach Mitternacht, als sie vor der Tür stand. Ihr Haar war zerzaust, ihr Gesicht heftig angeschwollen. Sie blutete aus der Nase und stand völlig unter Schock. Ihr Name war Verona. Sie war eine gute Freundin und ihr Mann war eigentlich nicht als gewalttätig bekannt. Doch die Ehe machte schon seit längerem keinen guten Eindruck mehr.
Jetzt war es also passiert. Es war nur eine Kleinigkeit, die ihn ausrasten ließ. Ein Streitigkeit, die damit endete, dass er sie mit den Fäusten traktiert und übel zugerichtet hatte.
Ein Mann ist einer Frau überlegen. Fast jeder Mann fast jeder Frau. Zumindest körperlich hat sie nur selten eine Chance gegen ihn. Und doch ist es genau diese Stärke, die ihr das Gefühl von Geborgenheit gibt. Seine starken Arme vermitteln Sicherheit. Für sie ist er der starke Baum, an den sie sich anlehnen kann, wenn sie einen schweren Tag hinter sich hat. Der Fels in der Brandung, der allen Gefahren trotzt und die Fluten des Lebens fern von ihr hält. Die meisten Frauen vergessen jeden Gedanken an Unabhängigkeit und Emanzipation, wenn sie sich in Gegenwart des Mannes befinden, zu dem sie aufsehen, dem sie vertrauen, der ihnen Halt gibt.
Viele tolerieren es, wenn er sie schlägt. Schließlich geschah es nicht ohne Anlass und sie waren daran nicht ganz unschuldig. Für manche ist es sogar sein Recht, sie zurechtzuweisen und ihnen Grenzen aufzuzeigen. Wenn es sein muss mit der flachen Hand. Oder auch mit seinem Ledergürtel. Denn irgendwo ganz tief drinnen in der weiblichen Seele gibt es dieses Bedürfnis, von ihm geführt zu werden, sich unterzuordnen, seine Frau zu sein, die sich seinem Willen zu fügen hat. Schließlich war das Jahrhunderte lang so und früher haben Ehen ein Leben lang gehalten und waren nicht nur Partnerschaften auf Zeit.
Auch Verona fand es eigentlich in Ordnung, dass ihr Mann der Herr im Haus ist. Er traf die Entscheidungen. Er trug die Verantwortung. Er ernährte die Familie. Also hatte auch er das Sagen und für sie war es nur logisch, sich ihm unterzuordnen. Hätte er ihr einfach den Hintern versohlt, hätte vermutlich niemand davon erfahren. Hätte er seinen Gürtel, einen Kleiderbügel oder sonst etwas genommen, hätte sie blaue Flecken davongetragen, die niemand zu Gesicht bekommen hatte. Doch eine männliche Faust und ein weibliches Gesicht, das ging eindeutig zu weit. Das will keine Frau und wenn sie auch noch so devot ist.
Und irgendwie macht es auch keinen Sinn. Striemen am Körper mögen noch hinnehmbar sein, aber ein gebrochenes Nasenbein muss sich keine Frau gefallen lassen. Denn sie mag zwar schwächer sein als er und nicht die Willenskraft haben, die ihn auszeichnet. Ja sie ist vielleicht sogar lebensunfähig ohne seine schützende Hand. Doch dafür ist sie Frau. Sie kann ihm die Wärme geben, die nur ein weibliches Wesen besitzt. Sie kann seine Sinne anregen und tiefe Gefühle in ihm auslösen. Sie kann der ruhende Pol in seinem Leben sein, zu dem er immer wieder gerne zurückkehrt.
Und dafür verdient sie Achtung und Wertschätzung.
Ihr Sicherheit zu geben und sie Gehorsam zu lehren ist ein männliches Vorrecht, das heute nur noch wenige verstehen. Sie übers Knie zu legen und sie für ein Vergehen zu bestrafen ist ein geradezu intimer Vorgang, den nur ganz besondere Menschen richtig einordnen können. Sie zum Schreien zu bringen, während sich ihr Hintern unter seinem eisernen Griff windet, ist ein Ausdruck seines Ärgers, von dem viele träumen, während nur wenige den Mut finden, ihn auszuleben. Doch sie mit der Faust zu traktieren ist einfach nur das primitive Ausleben unbeherrschter Aggression, die einen Mann nicht männlicher macht und einer Frau jede Achtung vor ihm nimmt.