Das Leben hier und jetzt ist da nicht so wichtig, denn im Jenseits wartet die Erfüllung aller Träume. Vorausgesetzt man erfüllt den Willen Gottes, achtet seine Gebote und richtet sich genau nach seinen Anweisungen. Die sind zwar nur in einem uralten Buch zu finden, das nie revidiert wurde und eigentlich nicht mehr zur Realität von heute passt. Aber es sind Gottes Worte und damit wichtiger als jedes menschliche Gesetz.

Wobei kluge Religionsführer schon immer wussten, wie man Menschen dazu bringt „kein Teil dieser Welt zu sein“, wie es die Bibel verlangt. Durch die strikte Unterscheidung zwischen Gläubigen und Ungläubigen zum Beispiel. Wobei die wirklich Gläubigen natürlich nur in den eigenen Reihen zu finden sind. Denn nur da ist der Segen Gottes und auch der ruht nur auf den Gläubigen, die sich strikt von der bösen Welt Satans fernhalten.

Das Ergebnis nennt man eine Sekte. Eine Gruppe von Menschen also, die eng zusammenhalten und der festen Überzeugung sind, die „Wahrheit“ gefunden zu haben. Kontakte zur Außenwelt werden entweder auf ein Minimum beschränkt oder man zieht gleich zusammen und lebt in einer eigenen Community, die streng von der übrigen Welt abgeschirmt ist.

Dort praktiziert man dann das, was man für einen gottgefälligen Lebenswandel hält. Und der zeichnet sich vor allem kennt vor allem ein Gebot: Gehorsam. Wortwörtlicher Gehorsam den Geboten Gottes gegenüber, auch wenn sie aus einer Zeit stammen, die längst vorüber ist. Gehorsam gegenüber der Sektenführung, die als der Stellvertreter Gottes auf Erden gesehen wird. Gehorsam in der Gemeinde und in der Familie. Gehorsam von Kindern gegenüber ihren Eltern und Gehorsam von Ehefrauen gegenüber ihren Männern.

Nur das zeichnet wahre Christen aus und steht damit im Mittelpunkt jeder Predigt, die sich Kinder zu Herzen nehmen und Ehefrauen verinnerlichen sollen. Und genau das ist es, was Sekten zum Paradies für Männer macht, die hier noch die Rolle spielen können, die ihnen anderswo längst verwehrt ist. Mit dem Segen Gottes und der ausdrücklichen Billigung der heiligen Schrift.

Wobei Gehorsam natürlich eng mit Strafe verbunden ist. Denn der Mensch ist unvollkommen und nur die Angst vor Strafe wird ihn dazu bringen, sich so zu verhalten, wie es Gott von ihnen erwartet – und wie es der Sektenführung für richtig hält. Kinder bedürfen daher einer strengen Führung und auch Ehefrauen muss wiederholt bewusst gemacht werden, dass sie sich ihrem Mann unterzuordnen haben. Denn so ist es wohlgefällig in den Augen des Herrn.

Während draußen in der Welt von Gleichberechtigung, Frauenquoten und Emanzipation die Rede ist, verharrt die Welt im Inneren der Sekte unbeirrt in den Regeln von gestern. Hier würde keine Frau auf die Idee kommen, von Vergewaltigung zu reden, wenn er sich einfach nimmt, was ihm zusteht. Sie würde es auch nicht infrage stellen, dass er die Regeln bestimmt. Und sie würde es als gerechte Strafe empfinden, wenn er seinen Ledergürtel aus der Hose löst, um sie auf althergebrachte Art und Weise für eine Verfehlung zu bestrafen. Schließlich hat der Herr den Mann zum Haupt seiner Frau bestimmt und es ist eine ernsthafte Verfehlung, wenn sie seine Anordnungen missachtet.

Von den Kindern ganz  zu schweigen. Besonders wenn sie in der Sekte aufgewachsen sind, haben sie von Anfang an nichts anderes erfahren, als das ewige Wechselspiel zwischen Gehorsam und Lob, Ungehorsam und Bestrafung. Sie wissen, was es bedeutet, mit Striemen am Körper ins Bett geschickt zu werden. Und sie haben früh gelernt, dass man sich Eltern nicht widersetzen darf, denn das ist gleichbedeutend mit einer Sünde gegen den Allmächtigen.

Und so wachsen noch heute junge Menschen heran, die autoritär erzogen wurden und es nie gelernt haben, eigene Wünsche zu äußern, eigene Bedürfnisse zu entwickeln, eine eigene Meinung zu haben oder gar Widerstand zu leisten. Aus gehorsamen Jungen werden fleißige Angestellte, die sich fügen und Erwartungen erfüllen. Aus streng erzogenen Mädchen werden gefügige Frauen, die wie Wachs in den Händen eines Mannes sind und sich bereitwillig führen und formen lassen.

Nur mit der Sexualität haben sie so ihre Probleme. Denn Sex war Sünde und nur zwischen Erwachsenen erlaubt, die zuvor den ewigen Bund der Ehe eingegangen waren. Wenn ein junges Mädchen daher abends mit lüstern spielenden Fingern zwischen den Beinen eingeschlafen war, hatten sie am Morgen heftige Gewissensbisse geplagt. Und wenn sie gar allein mit einem Jungen ertappt worden war, hatte sie mit einem glühenden Hintern dafür büßen müssen. Unmittelbar danach mit Mutters Kochlöffel, während sie mit nacktem Hintern über dem Küchentisch lag. Oder später am Abend, während sie völlig nackt im Bett lag und ihr Vater mit der Weidenrute in der Hand zeigte, wie man mit einem sündigen Mädchen verfährt.